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Craniosacral Therapie nach Schleudertrauma

Ein Knall und Sybilles Kopf wird erst nach vorn und dann ruckartig wieder zurückgeschleudert. Orientierungslosigkeit. Was ist geschehen? Mit ziemlicher Wucht hat ein Auto das Taxi gerammt, in dem Sybille ohne Gurt auf dem Rücksitz sitzt. Glück gehabt, nichts verletzt – so scheint es zumindest. Ein Erfahrungsbericht über Craniosacral Therapie nach Schleudertrauma.

03.02.2023


Behandlungssituation Craniosacral Therapie

© Cranio Suisse®

Den Rhythmus ins Gleichgewicht bringen

Zwei Stunden später sitzt sie wie geplant an ihrem Arbeitsplatz. Abends fühlt sie sich erschöpft. Am nächsten Morgen kann sie den Kopf nicht mehr bewegen. Da wird ihr klar, dass sie handeln muss. Umgehend vereinbart sie einen Termin bei ihrem Hausarzt. Auf dem Weg zu seiner Praxis fühlen sich ihr Nacken- und Schulterbereich hart und steif wie ein Brett an. Die Schmerzen strahlen in den ganzen Rücken aus.

Ihr Arzt untersucht sie sorgfältig und kann doch nichts finden. Die Röntgenbilder zeigen weder Knochenbrüche noch Gelenksverletzungen. Aufgrund der Schilderung des Auffahrunfalls vermutet er ein Schleudertrauma und empfiehlt Sybille die Craniosacral Therapie, weil mehrere seiner Patient*innen damit gute Erfahrungen gemacht hätten. Zudem erwähnt er eine neuere Studie, die die Wirkung von Craniosacral Therapie bei Menschen mit chronischen Nackenschmerzen belegt. Nicht nur deren Schmerzen hätten signifikant abgenommen, auch der Allgemeinzustand habe sich verbessert.*

Den Körper als "Ganzes" verstehen

Wenig später sitzt sie im Behandlungszimmer einer Craniosacral Therapeutin und beantwortet Fragen zum Grund ihres Besuchs. Sie schildert den Unfall und wird aufgefordert in ihren Körper hinein zu spüren, um möglichst genau beschreiben zu können, wie sie sich gerade fühlt. Als sie sich in ihrem Schmerz zu verlieren droht, fordert die Therapeutin sie auf ein paar tiefere Atemzüge zu nehmen und ihre Füsse im Kontakt mit dem Boden zu spüren. Eine einfache Übung die Sybille hilft, wieder ins Hier und Jetzt zurückzukommen.

Während die Therapeutin die Krankengeschichte aufnimmt, fragt sie auch immer wieder, wo oder wie Sybille Kraft tankt und was ihr bisher jeweils in herausfordernden Situationen geholfen habe. Sybille tut es gut, dass sie von der Therapeutin nicht nur auf ihr Gebrechen reduziert wird.

© unsplash.com

Mit lauschenden Händen

Schliesslich erzählt ihr die Therapeutin etwas über die Craniosacral Therapie. Der Name dieser komplementärtherapeutischen Methode verweist auf den Bereich des menschlichen Körpers zwischen Cranium, lateinisch für Schädel, und Sacrum, lateinisch für Kreuzbein. Zwischen diesen beiden Polen zirkuliert die Hirn- und Rückenmarksflüssigkeit, auch Cerebrospinalflüssigkeit genannt. Sie nährt, bewegt, belebt und schützt unser Gehirn und Nervensystem. Craniosacral Therapeut*innen nehmen mit ihren Händen die subtile Bewegung der Cerebrospinalflüssigkeit und andere unwillkürliche Bewegungen in ihren unterschiedlichen Qualitäten wahr und unterstützen deren Regulation.

Zurück ins Gleichgewicht

Mit einer Hand an der Wirbelsäule und einer Hand am Hinterkopf orientiert sich die Therapeutin zur Mittellinie. Wie erwartet, begegnen ihr hier ausgeprägte Muskelverhärtungen und Blockaden. Durch die Berührung beginnen Halswirbelsäule und Kopf leicht zu vibrieren und geben so die durch die ruckartigen Bewegungen zugeführte Energie wieder ab. Für heute ist das genug. Nach einer integrierenden Handposition schliessen sie die Sitzung mit einem Gespräch ab. Über einen Zeitraum von mehreren Wochen geht Sybille fortan in die Craniosacral Therapie.

Die Kraft der Stille

Auf der Behandlungsliege legt die Therapeutin eine Hand unter Sybilles rechtes Schulterblatt und eine Hand unter ihren Oberschenkel und lauscht aufmerksam den feinen inneren Bewegungen. Sie bietet mit dieser Berührung gleichzeitig Halt und Raum an, damit sich Sybilles System langsam wieder zu einem Gefühl von Sicherheit und Entspannung orientieren kann. In erster Linie gilt es, das System zu regulieren, damit der Körper wieder ins Gleichgewicht findet. Sybille fühlt sich tatsächlich mit der Zeit ruhiger. Das teilt sie auch ihrer Therapeutin mit. Sie habe das Gefühl, als würde sie zerfliessen und sich zugleich in den Raum hinaus ausdehnen. Sie spüre nicht mehr, wo genau die Hände der Therapeutin beginnen und ihre eigene Haut endet. Das ist typisch für die Methode. Viele Klient*innen berichten von tief entspannenden, beinahe meditativen Zuständen während der Behandlung und einem Gefühl der Verbundenheit mit sich und ihrem Körper.

© stock.adobe.com

Weniger Verspannungen und Ängste

Im Falle von Sybille konnte mit der Therapie erreicht werden, dass die Folgen des Schleudertraumas und die Verspannungen massgeblich verbessert worden sind. Sybille schildert, dass sie sich nach den Sitzungen oft gefühlt habe, als hätte sie zehn Stunden durchgeschlafen. Es fällt ihr auch ausserhalb der Behandlungen leichter in einen Zustand der Entspannung zu gelangen. Dank der inneren Ruhe, die Sybille durch die Craniosacral Therapie erfahren hat, kann sie zudem Angstgefühlen und Stress besser entgegenwirken. Sie kennt ihren Körper, seine Bedürfnisse und Grenzen besser und sie kennt Übungen, die ihr helfen, sich selber zu regulieren. Dadurch fühlt sie sich in ihrem Alltag sicherer und hat an Selbstvertrauen gewonnen.


Autorin:

Schweizerische Gesellschaft für Craniosacral Therapie Cranio Suisse®, www.craniosuisse.ch


*Die vollständige Studie «Craniosacral Therapy for the treatment of chronic neck pain: a randomized sham-controlled trial (2016), Haller H*, Lauche R, et al. University of Duisburg-Essen & Witten/Herdecke, Germany» ist in englischer und deutscher Sprache zu finden unter www.craniosuisse.ch.

Bereits etwas älter ist die Pilotstudie der Universität Zürich aus dem Jahr 2001, die belegt, dass 7 von 9 Patienten mit Schleudertrauma durch Craniosacrale Behandlungen nahezu vollständig geheilt werden konnten. Eine Zusammenfassung in englischer Sprache von «Craniosacral Therapy in a series of patients with whiplash injuries and cervical distorsions (2001), Schopper C, von Wenzl B, et al. Klinik für Neurologie, Universitätsspital Zürich» finden Sie ebenfalls auf der Webseite www.craniosuisse.ch unter der Rubrik Publikationen/Medien.


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